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Vorbemerkung:
Unser Anlass "Blaues Band 2021" hat nicht stattgefunden. Wir haben daher unsere Blog-Tätigkeit für Sie intensiviert.
Unsere letzten 2 Beiträge der Reihe waren:
7. Die Praxis des wirtschaftlichen Neubaus –Stolperfalle für Liegenschaftseigentümer
8. 5-jährige Sperrfrist bei der Umwandlung einer Einzelfirma/Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft
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Immobilienbetrieb
Bestehende Gesellschaftsstrukturen an veränderte Bedürfnisse anzupassen ist ein normales Bedürfnis. In der Praxis geschieht dies regelmässig durch Fusionen, Umwandlungen oder Spaltungen von Unternehmen, zusammengefasst sogenannte "Umstrukturierungen". Schwieriger wird es, wenn Immobilien im Spiel sind. Immobilien sind - der Name sagt es - immobil. Das gilt, wie nachstehend gezeigt wird, im übertragenen Sinn auch steuerlich.
Im Sinne einer Klarstellung ist hier festzuhalten, dass sich nachfolgende Ausführungen nur auf Kapitalanlageliegenschaften beziehen, nicht aber auf Betriebsliegenschaften. Damit eine Liegenschaft als Betriebsliegenschaft qualifiziert, muss diese direkt und unmittelbar dem (operativen) Betrieb dienen (z.B. als Büro, oder als Verkaufs- / Produktionsfläche).
Umstrukturierungen
Seit Inkrafttreten des Fusionsgesetzes am 1. Juli 2004 sind Umstrukturierungen gesetzlich geregelt. Auch steuerlich wurden auf diesen Zeitpunkt neue Regelungen erlassen. Massgeblich sind die Art. 19 und 61 DBG, die dank der Steuerharmonisierung mit praktisch identischem Wortlaut in die kantonalen Steuergesetze übernommen wurden. Demnach sind Umstrukturierungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerneutral möglich, d.h. die stillen Reserven eines Unternehmens werden im Rahmen der Umstrukturierung nicht besteuert. Während für Fusionen grundsätzlich keine besonderen Regelungen gelten, gilt für Umwandlungen und Spaltungen sowie bei Ausgliederungen ein Betriebserfordernis. D.h. für die Steuerneutralität wird das Vorliegen von Betrieben verlangt.
Betrieb im Allgemeinen
Die Definition eines Betriebes bzw. Teilbetriebes ist im Kreisschreiben Nr. 5 der ESTV vom 1. Juni 2004 betreffend Umstrukturierungen enthalten:
Ein Betrieb wird definiert als ein organisatorisch-technischer Komplex von Vermögenswerten, welcher für die unternehmerische Leistungserstellung eine relativ unabhängige, organische Einheit darstellt. Ein Teilbetrieb ist der kleinste für sich lebensfähiger Organismus eines Unternehmens.
Die konkrete Beurteilung erfolgt anhand folgender Kriterien(kumulativ):
1. Die Unternehmung muss auf dem Markt oder an verbundene Unternehmen Leistungen erbringen,
2. über Personal verfügen und
3. der Personalaufwand muss in einem sachgerechten Verhältnis zum Ertrag stehen.
Unter dem Vorbehalt einer Steuerumgehung können einem Betrieb auch nicht betriebsnotwendige Aktiven mitgegeben werden (z.B. liquide Mittel und Immobilien), sofern der Betrieb nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist, nicht nur zum Zwecke einer steuerneutralen Umwandlung geschaffen wurde und weitergeführt wird.
Immobilienbetrieb im Besonderen
Wann das Halten und Verwalten von Immobilien einen Betrieb darstellt, ist besonders geregelt. Immobilien qualifizieren nur dann als Betrieb, wenn (kumulativ):
1. ein Marktauftritt erfolgt oder Betriebsliegenschaften an Konzerngesellschaften vermietet werden,
2. für die Verwaltung der Immobilien mindestens eine Person(eine Vollzeitstelle für rein administrative Arbeiten) beschäftigt oderbeauftragt wird und
3. die Mieterträge mindestens das 20-fache des marktüblichen Personalaufwandes für die Immobilienverwaltung betragen.
Hintergrund dieser Regelung ist die Verhinderung von exzessiven steuerfreien Umstrukturierungen (vor allem Spaltungen) von einzelnen Liegenschaften. Steuerfrei umstrukturiert werden sollen nicht einzelne Immobilien, sondern nur grössere Immobilienportfolios. Spannend ist, dass die im Kreisschreiben Nr. 5festgehaltenen Grössenkriterien im Wesentlichen auf einem mündlichen Votum von Bundesrat Villiger im Ständerat aus dem Jahre 2001 basieren.
In einem aktuellen Entscheid des Verwaltungsgerichts Basel-Stadt vom 28. April 2020 (VD.2017.92, BStP 2020, Nr. 15) ging es zwar nicht um eine Umstrukturierung sondern generell um die Qualifikation eines Immobilienbetriebes als Mischbetrieb (Immobilienverwaltung und Sanierung). Betreffend Immobilienbetrieb wurde im Urteil jedoch explizit festgehalten, dass ein marktüblicher Lohn für eine mit Immobilienverwaltung beschäftigte Vollzeitstelle (ohne Kaderfunktion) in den Jahren 2007 bis 2013 (mindestens) CHF 4'000 pro Monat betragen habe und dass ein Monatslohn von CHF 6'000 als mehr als marktüblich betrachtet werden könne.
Hochgerechnet bedeutet dies somit, dass aus steuerlicher Sicht ein Immobilienbetrieb bereits ab einem jährlichen Mietertrag zwischen CHF 960'000 (12 x CHF 4'000 x 20) und CHF 1'440'000 (12 x CHF 6'000 x 20) vorliegen kann. Die bisher statuierte Grenze von jährlichen Mieteinnahmen von CHF 2'000'000 (basierend auf Kosten einer Vollzeitstelle von CHF 100'000) dürfte damit Vergangenheit sein. Dies ist erfreulich und erweitert den Anwendungsbereich für steuerfreie Umstrukturierungen von Immobilien.
Nach wie vor bleibt an der (restriktiven) Regelung zu kritisieren, dass damit Liegenschaften an "Top-Lagen" mit hohen Erträgen gegenüber Liegenschaften an normalen Lagen privilegiert behandelt werden. Ein ergänzendes Abstellen auf andere Faktoren, wie z.B. die Fläche, wäre angebracht.